Weltweit stehen Städte vor der Aufgabe, einer zunehmenden Verdichtung von Lebens- und Verkehrsräumen entgegenzuwirken. Die BMW Group sieht in innovativen Ansätzen den Schlüssel zur Lösung dieser Probleme. Durch fortschrittliche Innovationen können Herausforderungen wie Schadstoff- und Lärmemissionen, Verkehrsüberlastung und den Mangel an öffentlichem Raum bewältigt werden. Diese zukunftsweisenden Lösungen unterstützen Städte darin, die Mobilitätsanforderungen ihrer Bürger auf eine effiziente, attraktive und nachhaltige Art zu erfüllen und dabei die Lebensqualität in städtischen Gebieten zu erhöhen. Um diese Innovationen zu fördern, engagiert sich die BMW Group in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Städten und Metropolen.
Gemeinsam werden intelligente Verkehrskonzepte entwickelt und die Rolle des Automobils in der zukünftigen Stadtplanung erörtert. Auch mit der Stadt Rotterdam und der dortigen Erasmus-Universität besteht eine Partnerschaft. In Zusammenarbeit mit Städteplanern, Experten und Bewohnern der Städte werden aktuelle Probleme und Zukunftsvisionen diskutiert, entwickelt und pilotiert.
Vincent Karremans, 37, ist Vize-Bürgermeister für Ordnung, öffentlichen Raum und Mobilität spricht im Interview über vielversprechende Pilotprojekte, sozialen Druck beim Umparken und die Zukunft des Autos.
Herr Karremans, warum arbeitet eine Stadt mit einem Autohersteller zusammen?
Rotterdam steht vor großen Herausforderungen: eine wachsende Bevölkerung, Druck auf dem Wohnungsmarkt, Verkehrsüberlastung und der nötige Wandel bei Energieversorgung und Mobilität. Gerade bei der Verkehrsplanung wissen wir, was es heißt, wenn täglich zigtausende Menschen und jede Menge Waren von A nach B wollen. Dafür wollen wir kluge Lösungen finden und sicherstellen, dass die Stadt sicher, lebenswert und für alle zugänglich bleibt.
BMW und MINI wissen alles über das Auto - was es kann, wie die Menschen es nutzen und wie es sich weiterentwickeln lässt. Außerdem haben sie Kundinnen und Kunden in der Stadt - mit denen man Dinge ausprobieren und von denen man lernen kann.
Mit der BMW Group teilen wir unser Wissen, entwickeln gemeinsam neue Konzepte und nutzen die Stadt als Testlabor. Es geht darum, die Bedürfnisse einer Stadt zu verstehen und sie nach und nach in die Anforderungen an Fahrzeuge zu übersetzen. Meines Wissens sind BMW und MINI die einzigen Autohersteller, die so eng mit einer Stadt zusammenarbeiten. Und das ist sinnvoll – keiner kann die Zukunft allein gestalten. Mit unserem Pioniergeist und mit dem Ziel, Rotterdam noch lebenswerter zu machen, ergänzen wir uns prächtig.
Was heißt denn „lebenswerte Stadt“?
Lebenswert ist eine Stadt, wenn sie für alle sicher ist, wenn die Luft sauber ist, wenn die Menschen arbeiten und zur Ruhe kommen können – und trotzdem alle die gleichen Chancen haben, entsprechend ihrer Bedürfnisse mobil zu sein. Dafür müssen wir den knappen Platz klug nutzen und Flächen umnutzen, die bisher für Autos reserviert sind. Dabei sind natürlich viele Interessen auszubalancieren. Denn klar ist: Nur wenn die Konzepte überzeugen, können sie erfolgreich sein.
Grundsätzlich arbeiten wir an einer Innenstadt mit weniger Autos – wollen aber, dass sie weiterhin für alle bequem erreichbar ist. Jeder Wagen, der nicht in die Innenstadt fährt, ist ein Gewinn. Bereits jetzt investieren wir stark in einen effizienten öffentlichen Verkehr und fördern massiv Carsharing sowie geteilte E-Scooter und -Fahrräder. Bisher haben wir 100 „Mobility Hubs“ mit vielen Sharing-Fahrzeugen eingerichtet, darunter viele an zentralen Punkten wie Bahnhöfen, Universitäten und Geschäftszentren. 2024 planen wir 100 weitere. Insgesamt stehen in Rotterdam derzeit 3.000 E-Scooter zur Verfügung und 2.800 Miet-Fahrräder – davon 300 Lastenfahrräder.
Außerdem bauen wir am Stadtrand Park&Ride-Angebote für Pendler aus. In einem Pilotprojekt mit der BMW Group haben wir Autofahrern eine Nachricht mit einem Park&Ride-Vorschlag geschickt. Dabei haben wir festgestellt, dass sie dem Vorschlag selten folgen, wenn sie ihre Fahrt vom Parkplatz am Stadtrand bis zu ihrem Ziel im Zentrum mit öffentlichen Angeboten nicht vorher planen können. Dafür brauchen wir eine entsprechende App. Die Park&Ride-Anlagen in Rotterdam werden aber auch alleine gut genutzt. Interessant war auch, was die Menschen zu Park&Ride-Angeboten in fremden Städten sagen, in denen sie sich nicht auskennen: Viele würden die Angebote gerade dort gern nutzen, wenn eine solche Vorab-Planung möglich wäre.
Das heißt, das Auto spielt in der Stadt künftig keine Rolle mehr?
Obwohl wir eine autofreie Innenstadt anstreben, brauchen wir auch in Zukunft Autos in der Stadt. Viele Menschen sind darauf angewiesen, etwa Alte, Kranke, Menschen mit körperlichen Einschränkungen, mit großem Gepäck oder Pendler, die ihr Ziel nur mit dem Auto erreichen oder nachts arbeiten.
Aus Studien der BMW Group in anderen Städten wissen wir, dass etwa 32 Prozent der Autobesitzer ihr Fahrzeug kaum aufgeben würden, weil sie es im Alltag brauchen und einfach gern fahren. Die werden wir schwer erreichen. Anders ist es bei fast allen anderen: 25 Prozent der Autobesitzer ist der Zugang zum eigenen Auto zwar wichtig, obwohl sie es im Alltag kaum brauchen und meist andere Verkehrsmittel nutzen. Und dann gibt es noch 33 Prozent der Autobesitzer, die es ebenfalls kaum nutzen und nicht mal sehr daran hängen. Wir haben also ein riesiges Potenzial.
Entscheidend ist natürlich, dass möglichst viele der verbleibenden Autos in der Innenstadt elektrisch und damit emissionsfrei fahren. Sehr erfolgreich war ein Projekt mit der BMW Group mit „eDrive-Zonen“ in der Innenstadt. Wenn ein Hybrid BMW von außerhalb in diese Zone fährt, schaltet er automatisch in den Elektro-Modus. Wie überzeugend und sinnvoll solche Zonen sind, zeigt sich daran, wie schnell sie über Rotterdam hinaus skalierbar sind: Mittlerweile gibt es sie in 153 europäischen Ballungsräumen.
Damit die Stadt für Elektrofahrzeuge attraktiv ist, müssen wir die Lade-Infrastruktur natürlich gewaltig ausbauen.
Wie sieht’s denn in Rotterdam aus mit der Lade-Infrastruktur?
Bis 2030 brauchen wir 8.000 Ladepunkte. Bisher haben wir 5.500, im Schnitt müssen also pro Jahr 500 dazukommen. Das kriegen wir hin.
Wichtig ist wie in allen Städten noch etwas anderes: Wir müssen verhindern, dass ein Auto einen Ladepunkt stundenlang besetzt, obwohl die Batterie längst voll ist. Wenn wir uns den kontinuierlichen Anstieg an Elektroautos anschauen, kann das in Zukunft zu einem Problem werden.
Wir haben mit BMW und MINI deshalb schon mal proaktiv dazu ein spannendes Projekt gemacht. Es heißt „Charge&Repark“: Wir haben erforscht, ob wir Menschen dazu bringen können, die Ladestation zu verlassen, wenn sie geladen haben, indem wir ihnen eine Nachricht aufs Handy schicken. Es hat sich gezeigt, dass wir acht Prozent davon überzeugen konnten, ihr Auto auf einen nahegelegenen Platz umzuparken, um den Ladepunkt für andere freizumachen. Wir haben dabei verschiedene Argumente ausprobiert. Den größten Effekt hatte die Nachricht, dass ein Großteil der Elektroautofahrer „ihren Wagen bewegt, wenn er voll aufgeladen ist“. Der soziale Druck durch dieses altruistische Argument schien zu wirken: Daraus können wir schließen, dass man die bestehende Ladeinfrastruktur effizienter nutzen kann. Wenn wir mal die Pilotergebnisse auf 650.000 Fahrer elektrischer Autos in den Niederlanden hochrechnen, könnten wir zusätzliche 5,9 Millionen Ladestunden gewinnen, ohne in die Ladeinfrastruktur investieren zu müssen. Das sind sehr wertvolle Informationen.
Für uns als Stadt kommt noch etwas Entscheidendes dazu: Das Stromnetz muss all den E-Fahrzeugen gewachsen sein und in Spitzenzeiten müssen wir es entlasten. Auch dazu haben wir ein Pilotprojekt mit BMW durchgeführt, das "bidirektionale Laden“.
Was passiert beim „bidirektionalen Laden“?
Wenn wir etwa die städtischen E-Müllwagen aufladen, haben wir schlagartig einen sehr hohen Verbrauch. Unser Stromnetz ist nicht darauf ausgelegt – und eine neue zu bauen mit zusätzlichen Starkstromkabeln im Boden wäre sehr teuer. In diesem Pilotprojekt haben wir die Infrastruktur auf andere Weise erweitert. Zum einen mit einem „elektrischen Puffer“: Das auf Energie-Speicherung spezialisierte Unternehmen Alfen hat zehn BMW i3 mit „Super-Batterien“ ausgerüstet, die 400 Kilowattstunden Strom speichern und je nach Bedarf zu einem anderen Zeitpunkt einspeisen können. Zum anderen konnten städtische Mitarbeiter zwei BMW i3 mit einer solchen bidirektionaler Ladefunktion nutzen. Auf diese Weise konnten wir die Bedarfsspitzen wesentlich besser bewältigen.
Wir hoffen, dass in ein paar Jahren die meisten E-Autos eine solche bidirektionale Lade-Funktion haben, sodass sie das Stromnetz entlasten können. Zugegeben: Bisher fehlt uns noch die Infrastruktur dafür. Aber es ist wichtig, Visionen zu haben, wie sich das Auto neu denken lässt.
Welche Visionen haben Sie denn noch?
Die Rolle des Fahrzeugs wird sich auch an anderen Stellen verändern. Es kann beispielsweise wertvolle Daten liefern – gerade, wenn wir den Verkehr immer mehr digital steuern wollen. Wir denken etwa an Verkehrsdaten in Echtzeit und Analysen über das Verkehrsverhalten. So wissen wir noch besser, wo und wann welcher Bedarf an Mobilität besteht. Denkbar wäre, dass in Zukunft ein Preismodell entwickelt wird, bei dem eine alternative Route mit dem Share-Car günstiger ist als die direkte. So könnten wir den Verkehr in Spitzenzeiten entzerren.
In einem ersten „Co-Creation-Workshop“ der Stadt mit MINI, Energie- und Mobilitäts-Experten, Anwohnerinnen und Anwohnern sowie Kreativen sind wir folgenden Fragen nachgegangen: Wie sollte eine nachhaltige urbane Mobilität aussehen? Welche Rolle sollte ein Fahrzeug einnehmen, um weiterhin relevant zu sein und echten Wert für eine Stadt, ihre Einwohner und Besucher zu erfüllen? Welche Arten von Fahrzeugen, Funktionen und Geschäftsmodellen brauchen wir?
Dabei kamen Ideen heraus, die natürlich nicht gleich umgesetzt werden, aber sehr spannend sind. Etwa ein eigenes Modul mit einer Art Lego-Klick System, das einen 2-Sitzer zu einem 4-Sitzer oder zu einem kleinen Transporter macht. Wer eine bestimmte Strecke fährt, könnte auch Pakete für andere mitnehmen. Diskutiert wurde auch die Idee, ob Autos ähnliche Funktionen wie Bäume übernehmen könnten. So gibt es spezielle Lacke, die Schadstoffe absorbieren und wie ein Luftfilter wirken.
Das hört sich ziemlich verrückt an.
Stimmt. Aber für die Stadt der Zukunft müssen wir kreativ sein. Und da sind BMW und MINI die richtigen Partner.